Ökumenisches Wort zu 75 Jahre Kriegsende am 8. Mai 1945

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Matthias Haag, Pfarrer Ev. Kirchengemeinden Wannbach und Hetzelsdorf, und Florian Stark, Kath. Pfarrer im Seelsorgebereich Fränkische Schweiz, sprechen auf dem Judenfriedhof in Hagenbach

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Grüß Gott in Pretzfeld, in der Katholischen Kirchengemeinde St. Kilian und in den Evangelischen Kirchengemeinden Wannbach und Hetzelsdorf, und darüber hinaus, in den Gemeinden des Evang. Dekanats Forchheim Mund im Seelsorgebereich Fränkische Schweiz.
Der 8. Mai, das ist der Tag der Befreiung, Befreiung von der Nazi-Diktatur, Befreiung für die Menschen, die von der Diktatur eingesperrt, gefoltert und getötet wurden, Befreiung von den Gräueln des Krieges. Auch wenn Corona zur Zeit fast alles beherrscht, dieses Datum, 75 Jahre her, das darf nicht untergehen.

Wir grüßen Sie heute vom Judenfriedhof in Hagenbach, wunderschön jetzt im Frühling, aber auch ein Ort der Erinnerung an das unermessliche Leid, das den Juden von Deutschen angetan wurde.
Wir wollen den 8. Mai feiern in großer Dankbarkeit für 75 Jahre Frieden in Deutschland, ja 75 Jahre Frieden in fast ganz Europa. Wir wollen Gott und der Welt unsere Dankbarkeit zeigen. Und wir wollen diesen Jahrestag auch dazu nutzen, Gott und die Welt um den Erhalt des Friedens zu bitten, für den Frieden einzutreten und zu arbeiten.

Aber zuerst der Dank, stimmen Sie mit ein in den großen Choral „Nun danket alle Gott“.

75 Jahre Frieden in Deutschland und in fast ganz Europa, das verbindet und betrifft uns alle, als Christen, als Deutsche, als Europäer, als Menschen. Und so sprechen zu Ihnen und Euch jetzt Menschen aus unserer Marktgemeinde Pretzfeld, aus den Vereinen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Erinnerung an die Gräuel und die Opfer des Kriegs wachzuhalten und aus der Geschichte zu lernen.
Es sprechen:

  • Helmut Karrer, Unterzaunsbach, Vorsitzender des Krieger – und Kameradschaftsvereins Wannbach
  • Michael Wenk, Pretzfeld, Vorsitzender des Krieger - und Soldatenvereins Pretzfeld
  • Roland Schäfer, Hetzelsdorf, Vorsitzender der Soldatenkameradschaft Hetzelsdorf

75 Jahre – fast seit drei Genrationen leben wir bei uns jetzt schon im Frieden, aber unter uns leben auch noch Menschen, die den 8. Mai 1945 selbst erlebt haben und sich daran erinnern.
Es sprechen:

  • Hilde Meister, 90, Unterzaunsbach
  • Theo Haas, 86, Pretzfeld.

Aus der Johanniskirche in Hetzelsdorf hören wir den zweiten Vers des Chorals "Nun danket alle Gott":

Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben
und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erretten hier und dort.

Es war nicht so einfach. Nach dem 8. Mai 1945 war nicht mit einem Mal alles gut. Es gab Chaos, Familien waren zerrissen, es gab Vertreibungen und Umsiedlungen, es gab Rache und Vergeltung, auch die Menschen hier haben unter den Folgen des Krieges gelitten. Manche haben gesagt: Der 8. Mai, das ist der Tag der Kapitulation, der Niederlage, nicht der Befreiung. Und andere wollen sich aus diesem Streit heraushalten und sagen einfach: Der 8. Mai, das ist der Tag des Kriegsendes.

Und langsam ist nach dem Chaos eine neue Ordnung gewachsen, eine neue Welt-ordnung, ein geteiltes Deutschland und Europa, das Wirtschaftswunder und der real existierende Sozialismus. Die Aussöhnung mit Frankreich. Das Wettrüsten zwischen West und Ost. Die Versöhnung mit Polen und Russland. Das vereinigte Deutschland und die Europäische Union. Aber auch der Zerfall Jugoslawiens und der Balkankrieg. Der Aufkommende Nationalismus in vielen Ländern Europas und auch bei uns.

75 Jahre Frieden in fast ganz Europa – dafür muss immer wieder gearbeitet werden, gesprochen, verhandelt, ausgeglichen. Der Friede, für den wir dankbar sind, ist nicht selbstverständlich. Der Friede, für den wir dankbar sind, der ist nicht vollkommen. Vom vollkommenen Frieden lese ich uns aus der Bibel, aus dem Propheten Micha, Kapitel 4:
„Gott selbst schlichtet den Streit zwischen den Völkern,
und mächtigen Nationen in weiter Ferne spricht er Recht.
Dann schmieden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen um und ihre Speere zu Winzermessern.
Kein Volk wird mehr das andere angreifen; niemand lernt mehr, Krieg zu führen.
Jeder kann ungestört unter seinem Feigenbaum und in seinem Weingarten sitzen,
ohne dass ihn jemand aufschreckt. Das verspricht der HERR, der allmächtige Gott!“

Das ist der vollständige Frieden, den Gott will und zu dem er seine Menschen zur Mitarbeit aufruft, in der Bibel heißt er SCHALOM. Das ist mehr als das Schweigen der Waffen, das ist auch ein Ende der Kriegsvorbereitung und der Waffenexporte, das ist auch der Einsatz für die Armen auf der ganzen Welt, dass eben jeder unter dem eigenen Kirsch -, Apfel-, Feigen-, Papaya- oder Affenbrotbaum sitzen kann und genug zum Leben hat.

Die Dankbarkeit für den Frieden und den Reichtum bei uns darf uns nicht träge und egoistisch machen, dass uns der Unfriede und die Ungerechtigkeit in vielen Teilen der Welt egal sind. Und so beten wir mit Worten, die dem Heiligen Franziskus zugeschrieben werden:
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.

So wünsche ich Ihnen und Euch und allen Menschen den Frieden: FRIEDE SEI MIT EUCH!
Und wir wollen mit Ihnen und euch unter dem Segen Gottes leben:
Gott segne Dich und behüte Dich,
Gott lass sein Angesicht leuchten über dich und sei dir gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf dich UND SCHENKE DIR FRIEDEN. Amen